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MiMuM – im Großplanetarium, im Ethnologischen Museum und auf der Museumsinsel

„So viele verschiedene Welten …“
MiMuM – im Großplanetarium, im Ethnologischen Museum und auf der Museumsinsel
Verschiedene „Welten“ – Sonnen mit ihren Planeten, ganze Galaxien im Universum – konnten die Teilnehmerinnen des Projekts MiMuM (Muslima in Moschee und Museum) im Zeiss-Großplanetarium beobachten. Unter der großen Kuppel begaben wir uns auf eine faszinierende Reise: Wir starteten an einem uns bekannten Ort unserer Erde, dem Berliner Alexanderplatz, durchquerten unser Sonnensystem, dann unsere Galaxie, die Milchstraße und flogen weiter, bis wir uns in den Weiten des Weltalls mit Abertausenden Galaxien verloren. Auch dort könnte es Leben geben, glauben Wissenschaftler. Am Ende landeten wir wieder auf unserem blauen Planeten, am selben vertrauten Ort im Herzen Berlins, aber haben unseren Blick entscheidend erweitert.
„Es gibt so viele verschiedene Welten, so viele Sonnen – und wir haben nur eine Welt, und doch leben wir in verschiedenen Welten“, so heißt es in einem der berühmtesten Hits der Dire Straits aus den 1980er Jahren.
Wie die Menschen auf unserer Erde in ihrem jeweiligen kulturellen Universum gelebt haben, konnten die Teilnehmerinnen von MiMuM dann in Museen nicht weit vom Alexanderplatz entdecken, wie z.B. in dem Ethnologischen Museum im Berliner Schloss. Der Kulturvermittler und Guide Noor Hammood brachte uns die Welt der ozeanischen Inseln nahe – religiöse Vorstellungen und Traditionen ihrer Bewohner, wie der Menschen im Inselstaat Palau. Wir konnten uns in ein Versammlungshaus, ein sog. bai setzen, das 1907 in Palau von den Inselbewohnern für die Berliner Ethnologische Sammlung nachgebaut wurde. Es gehörte – wie auch der Strand, das Meer und der Fischfang – zur Sphäre der Männer und durfte nur von ihnen betreten werden, denn auch Frauen und Männer lebten in verschiedenen Welten. Das Land und vor allem die Gärten gehörten zur Welt der Frauen – sie hatten keine eigenen Häuser, um sich zu treffen.
Beeindruckt waren die Teilnehmerinnen auch von dem 1890 auf der Insel Luv gebauten Ausleger-Boot, das fast einen ganzen großen Saal des Museums ausfüllt. Wie sind solche Exponate nach Berlin gekommen, was hat das mit dem Zeitalter des Kolonialismus zu tun, inwieweit waren die Welten verbunden? – auch diese Themen wurden von Herrn Hammood angesprochen.
Im Juli dann erkundeten wir die Museumsinsel, seit 1999 Unesco-Weltkulturerbe, sachkundig geführt von Razan Nassreddine von der Organisation „Multaka – Treffpunkt Museum“. Das Neue Museum mit der ägyptischen Sammlung und der Nofretete hatten wir schon vorher besucht, nun ging es darum, einen Eindruck von der Vielfalt an Gebäuden und Sammlungen zu bekommen. Die Museumsinsel entstammt dem Zeitalter der Aufklärung. Kunst aus ganz verschiedenen Welten sollte allen Menschen zugänglich machen und ihrer Bildung und der Wissenschaft und Forschung dienen, wie auch heute gern betont wird. Die Museumsinsel wirft aber auch Fragen auf: Hat diese Art der Bildung wirklich zu mehr Humanität geführt? Die noch sichtbaren Spuren des letzten Krieges, wie Einschusslöcher in manchen Mauern, erinnern daran, dass auch die Aufklärung die unheilvollen Geschehnisse des letzten Jahrhunderts nicht verhindert hat. Heute gilt die Museumsinsel in erster Linie als Magnet für Touristen und Touristinnen aus aller Welt. Die Atmosphäre dort lässt leicht vergessen, dass auch heutzutage verschiedene Welten aufeinanderprallen, sich teilweise bekämpfen statt sich besser kennenzulernen.
Kritischen Stimmen zufolge war das Projekt der Museumsinsel ein eurozentristisches Resultat der Konkurrenz zwischen Großmächten um die Aneignung der Geschichte der präosmanischen und osmanischen Regionen. Diese wurde als Vorläufer der europäischen Zivilisation begriffen. So steht das einzige Gebäude, das der deutschen Kunst gewidmet ist, die Alte Nationalgalerie, auf einem besonders hohen Unterbau; sie thront quasi über allem anderen. Darüber lässt sich heute reflektieren, so dass bei einem Besuch die ganze Insel selbst als eine Art Exponat betrachtet werden kann. Dazu passt die heutige Idee, dass die Museen statt Orte der Bildung und Belehrung eher zu Stätten der Begegnung auf Augenhöhe werden könnten – gerade auch mit Besucherinnen, die oder deren Vorfahren aus den Gebieten kommen, aus denen die Ausstellungsobjekte nach Berlin gelangt sind. Viele von ihnen leben in Berlin, werden aber bisher nicht als eine typische Zielgruppe der Museen betrachtet. Dabei könnten sie zu einer Verständigung und einem besseren gegenseitigen Verstehen beitragen. Die türkischen Teilnehmerinnen von MiMuM jedenfalls freuen sich schon darauf, im Bode-Museum Gegenstände aus der byzantinischen Zeit der heutigen Türkei zu entdecken und wieder in eine andere, vergangene Welt einzutauchen.

Dr. Heike Rohmann

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